Die Frachtgesellschaft Antonov Airlines will ihre Transportflüge in Leipzig/Halle ausbauen. Die Ukrainer könnten damit die Kapazitätslücke füllen, die der Abzug der russischen Volga-Dnepr hinterlässt.

Eine AN-124-100 der Antonov Airlines. © AirTeaImages.com /Alex Filippopoulos

Die ukrainische Gesellschaft Antonov Airlines könnte künftig bis zu sechs ihrer Großfrachter für Transportflüge ab Leipzig/Halle einsetzen. Wie das Fachportal «Cargo Forwarder Global» jetzt berichtet, geht es um die Komplettabwicklung aller Transportflüge für zehn Nato- und EU-Staaten an dem deutschen Flughafen. Laut Vertriebschef Andriy Blagovisniy befindet sich Antonov Airlines dazu in fortgeschrittenen Verhandlungen mit der in Luxemburg ansässigen Nato Support & Procurement Agency (NSPA).

Die Transportflüge werden seit 2006 in Arbeitsteilung zwischen der Antonov Airlines und der russischen Volga-Dnepr von Leipzig/Halle aus durchgeführt. Offizieller Name der Vereinbarung: Strategic Airlift International Solution (Salis).

Volga-Dnepr steigt aus

Daraus wird Volga-Dnepr am 31. Dezember dieses Jahres aussteigen und kein eigenes Flugzeug mehr für das Bündnis zur Verfügung stellen. Bis dahin aber gilt der bisherige Vertrag. Er sieht den von der NSPA koordinierten und zeitlich konzentrierten Einsatz von bis zu sechs Antonov AN-124-100-Frachtern im Auftrag der westlichen Partnerstaaten vor.

Durch den angekündigten Ausstieg von Volga-Dnepr aus der Vereinbarung droht den westlichen Ländern ab dem kommenden Jahr eine schmerzhafte Lücke bei Versorgungsflügen. Dies auch deshalb, weil der von Airbus gebaute Frachter A400M nach wie vor große technische Probleme hat und die Kapazität der AN-124 (120 Tonnen pro Start) auf Sicht nicht wird ersetzen können.

Laut Blagovisniy hat Antonov Airlines der NSPA angeboten, die bisherigen Kapazitäten der Volga-Dnepr durch den Einsatz eigener Frachtflugzeuge vollständig zu ersetzen. Folgende Kernpunkte umfasst die Offerte seines Unternehmens:

  • Ständige Stationierung von zwei AN-124 auf dem Flughafen Leipzig/Halle für die kurzfristige Nutzung durch die zehn Vertragsstaaten von EU und Nato. Bislang hat Antonov dort eine eigene AN-124 und Volga-Dnepr eine weitere AN-124 aus deren Flotte geparkt.
  • Aufstockung der Kapazität auf vier und – mit einigem zeitlichen Vorlauf – auf bis zu sechs Großfrachter desselben Antonov-Bautyps im Falle dringender Nachfrage
  • Bedarfsweiser Einsatz der AN-225 «Mriya», die bis zu 250 Tonnen per Flug transportieren kann, dies aber nur über eine maximale Distanz von 2500 Kilometer, ohne nachzutanken
  • Einbindung des einzigen von Antonov betriebenen AN-22-Turboprop-Frachters in die angestrebte Vereinbarung, der bis zu 60 Tonnen pro Flug mitnehmen kann
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Die Details dieses Transportangebots würden jetzt zwischen der NSPA und den zehn westlichen Salis-Vertragsstaaten untereinander diskutiert und miteinander abgestimmt. «Wir erwarten eine recht zügige Antwort auf unser Transportangebot», so Blagovisniy. Die NSPA gab zu den Verhandlungen mit Antonov trotz mehrfacher Anfragen von «Cargo Forwarder Global» bislang keine Stellungnahme ab.

Blagovisniy räumte ein, dass seine Gesellschaft höhere Transportpreise aufruft als Volga-Dnepr. Dies deshalb, weil Antonov als Lizenzinhaber des Flugzeugs die gesamten Entwicklungskosten für die AN-124 getragen habe, ebenso die Nachrüstung der Bauteile und die Ausgaben für die Modernisierung des Frachters. Konkrete Preisunterschiede zu Volga-Dnepr nannte der Manager mit Hinweis auf die Verschwiegenheit der Vertragsverhandlungen mit den westlichen Staaten nicht.

Politisches Interesse an der Zusammenarbeit

Die Chancen auf eine Einigung beider Seiten bezeichnete Blagovisniy als hoch. Zugleich wies er darauf hin, dass neben den finanziellen Aspekten für sein Unternehmen die Zusammenarbeit mit westlichen Ländern von großem politischen Interesse sei. Zudem erhoffe sich das Staatsunternehmen Antonov durch die Kooperation mit Nato und EU auch Unterstützung für die Programme künftiger Antonov-Bautypen.

Bei den bisherigen Salis-Missionen ging es primär um den Flug von Ausrüstungs- und Versorgungsgütern in Krisengebiete wie Afghanistan, Mali oder den Kongo zwecks Unterstützung der dort agierenden westlichen Krisen-Interventionstruppen. Aber auch bei Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen wurden die Großfrachter bisweilen angefordert, um Hilfsgüter, Transportfahrzeuge, Zelte oder ganze Krankenstationen im Auftrag einzelner EU- und Nato-Staaten in die betroffenen Regionen zu befördern.

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