Der G20-Gipfel in Hamburg: Es gibt nur Verlierer, meint Karl Born. Aber halt! Die Show-Veranstaltung hat auch irgendwie ihre gute Seite. Irgendwie. Man muss nur lang genug suchen.

Klare Ansagen: Professor Karl Born kommentiert die aktuellsten Entwicklungen der Luftverkehrsbranche. © airliners.de, Karl Born

Der G20-Gipfel ist eine Veranstaltung, die sich überholt hat und heute zu einer reinen Show-Veranstaltung verkommen ist. Allerdings mit einem gigantischen Aufwand und einem Millionenbudget, was in einem scharfen Kontrast zu einem möglichen Erfolg für die Menschheit steht.

Unter Sicherheitsgesichtspunkten ist so ein Gipfel ein Albtraum für jeden Veranstaltungsort und eigentlich sollten sich alle potenziellen Städte wegducken, wenn eine neue Gipfelstadt gesucht wird. Genau das hat Hamburg versäumt, deshalb: «Welcome to hell, Hansestadt!»

Normalerweise würde sich natürlich Berlin als Veranstaltungsort anbieten. Aber leider dürfen im Moment auf dem BER nur Pandabären mit Sondererlaubnis landen. Was der Panda darf, ist dem Präsidenten noch lange nicht erlaubt. Nur am Rande sei erwähnt, dass Tegel natürlich ein «No-go» ist. Da wäre der Gipfel schon lange wieder vorbei, bis der letzte Koffer von Trump ausgeladen ist.

Hühnerhaufen in der Luft

Herzlichen Glückwunsch, Flughafen Hamburg, da kommt etwas auf euch zu, bei dem ihr kaum etwas gewinnen könnt. Innerhalb kurzer Zeit kommen 70 Staatsflugzeuge der größten Polit-Egomanen dieser Welt an. Flughafen-Chef Michael Eggenschwiler stöhnt bereits: «Die Staatschef mit ihren Präsidentenmaschinen lassen sich den Zeitplan für ihren Anflug nicht vorschreiben.»

Mir tun jetzt schon jene leid, die diesen fliegenden Hühnerhaufen in der Luft ordnen sollen. Wenn zum Beispiel der türkische Präsident Erdogan in der Luft eventuell eine kurze Extraschleife drehen muss, wird er sich sofort wieder über die «Nazis» beschweren und politische Auswirkungen androhen (da gibt es ja noch diesen Flüchtlingsdeal …). Aus Österreich wird es postwendend wieder schallen, dass nun eine «rote Linie» übertreten sei — in der Luft.

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«Hannover als Parkplatz für Hamburg»

Der Flughafen Hamburg hat nicht die Kapazität, um 70 Riesenflugzeuge für die Gipfeldauer zu parken. Also hat man sich schon den Flughafen Hannover als Ausweich-Airport ausgesucht. «Hannover als Parkplatz für Hamburg», das kratzt ganz schön am Selbstverständnis jedes Hannoveraners. Und welche Flugzeuge sollen in Hannover parken und welche dürfen in Hamburg bleiben? Das ist eine herausfordernde Aufgabe für das Protokoll.

Gibt es auch Gewinner dieser Veranstaltung? Des Flughafens Albtraum ist des Spotters Traum – oder um noch einmal einen der Berliner Panda zu bemühen: des Spotters «Meng-Meng» («Träumchen»). Das muss toll sein, Flugzeuge zu sehen und zu fotografieren, die schon seit Jahren nicht mehr in Deutschland waren. Aber Pech gehabt. Leider hat der Flughafen Hamburg ein generelles «Guck- und Fotoverbot» erlassen – kein Scherz.

Alle drei Aussichtsterrassen bleiben (aus Sicherheitsgründen) geschlossen, für die Parkhäuser gilt generelles Fotoverbot (auch die eigene Omi darf nicht geknipst werden), das Café «Himmelsschreiber» macht dicht und der Weg zum neben der Startbahn liegenden Café «Coffee to Fly» wird erschwert so gut es geht – sofern das überhaupt noch möglich ist … Ersatzweise die Hannover-Ableger zu fotografieren, hat keinen Reiz und selbst wenn, wird der Flughafen auch das möglichst verhindern.

Mein Tipp: Redeverbot

Verlierer sind auch die normalen Passagiere, die verrückterweise meinen, unbedingt an diesem Tag fliegen zu müssen. Der Security-Wahnsinn wird noch mal gesteigert werden. Ich empfehle allen Reisenden nur Rosamunde-Pilcher-Bücher im Handgepäck zu haben und lediglich harmlosen Small Talk zu betreiben. Am besten gar nicht sprechen, dann kann kein mitreisender Passagier etwas falsch verstehen. Der Flughafen hätte das «Guck- und Fotoverbot» um ein Redeverbot erweitern sollen …

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Thema Kommentar-Kolumne: Die Born-Ansage

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Einen Gewinner gibt es doch: die Mitarbeiter der Lufthansa Technik. Durch die besondere Lage der Werft war schnell klar, dass es den Mitarbeitern fast nicht möglich sein wird, während des Gipfels ihre Arbeitsplätze zu erreichen. Zuerst versuchte Lufthansa das Problem auf die Mitarbeiter zu verlagern mit der Aufforderung entweder zuhause zu arbeiten (kann man sich ja mal ein Triebwerk mit nach Hause nehmen) oder Überstunden abzubauen, Freizeitausgleich und so weiter.

Ein Hoch auf den Betriebsrat

Zum Glück war auf den dortigen Betriebsrat Verlass, der dann auch direkt nach dem Verursacherprinzip fragte. Nun heißt die Lösung: Am Freitag werden die Beschäftigten wegen der «zu erwartenden besonders starken Einschränkung» von der Pflicht zur Arbeitsleistung entbunden – «unter Fortzahlung der Grundvergütung».

So hat der völlig unnötige G20-Gipfel wenigstens für einige Hamburger den Vorteil, dass sie am Freitag für sich beziehungsweise mit ihrer Familie das wahrscheinlich schöne Wetter genießen können, aber bitte weitab vom Flughafen und den Messehallen. Abends können Sie dann ja im TV jenen zuschauen, die ihnen diesen schönen Tag verschafft haben.

Über den Autor

In seiner Reihe «Die Born-Ansage» veröffentlicht der ehemalige Condor-Vertriebschef, Tui-Vorstand und Touristik-Honorarprofessor Karl Born auf airliners.de Kolumnen zum aktuellen Geschehen in der Luftverkehrswirtschaft.

Als Redner auf Führungskräfte- und Verbandstagungen ist Karl Born in der ganzen Welt unterwegs. Als «Querdenker der Reisebranche» für seine «Bissigen Bemerkungen» ausgezeichnet, nimmt der ehemalige Airline- und Touristikmanager auch in Sachen Luftverkehr kein Blatt vor den Mund. Kontakt

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