Der geplatzte Verkauf des Hunsrück-Airports Hahn im vergangenen Sommer ist erneut Thema im Landtag. Das Finanzministerium warnte vor dem chinesischen Konzern. Der Rechnungshof erhebt weiter Vorwürfe.

Eine Flugzeugtreppe steht auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt-Hahn. © dpa /Fredrik von Erichsen

Das rheinland-pfälzische Finanzministerium hat vor dem später geplatzten Verkauf des Flughafens Hahn an die chinesische Shanghai Yiqian Trading Company (SYT) Bedenken gegen den Käufer bestätigt. Die Einwände hätten sich auf seinen Hintergrund, das Unternehmenskonzept und die Sicherstellung der Finanzierung bezogen, sagte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) nun vor dem Haushaltsausschuss des Landtags in Mainz.

Das Ressort habe mehr Informationen für nötig gehalten und die Einschaltung einer Wirtschaftsdetektei empfohlen. «Letztlich habe ich der Ministerratsvorlage zugestimmt», so Ahnen. Die Anmerkungen des Ministeriums seien im Prozess gewürdigt worden. «Valide Anhaltspunkte», an der Seriosität des Käufers zu zweifeln, «lagen nicht vor».

Der Flughafen im Hunsrück gehört bisher zum Großteil Rheinland-Pfalz und zum kleinen Teil Hessen. Der Verkauf an SYT war im Sommer vergangenen Jahres wegen mutmaßlichen Betrugs gescheitert. Das Kabinett hatte dem Deal zugestimmt.

KPMG übt Kritik an Ministerpräsidentin

Die Beratungsgesellschaft KPMG hatte sich laut Innenministerium gegen die Einschaltung einer Wirtschaftsdetektei entschieden. Die KPMG warf Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) 2016 vor, sie habe Zeitdruck ausgeübt und Warnungen ignoriert. Das Innenministerium verweist darauf, dass KPMG nach Prüfungen grünes Licht für den Verkauf gab.

Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz stellte sich gegen die SPD-geführte Landesregierung. Rechnungshofpräsident Klaus Behnke bekräftigte die schweren Vorwürfe gegen das Innenministerium, den Käufer zu wenig geprüft und sich nur auf die Berater verlassen zu haben.

Im Endeffekt wusste man nicht, mit wem man es hier überhaupt zu tun hatte.

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Klaus Behnke, Rechnungshofpräsident Rheinland-Pfalz’

Behnke sagte weiter: «Ich bin gehalten, den Ratschlag der Berater zu plausibilisieren. Wenn ich das nicht tue, ist im Rahmen der Organhaftung ein schuldhaftes Verhalten gegeben.»

Der Behördenpräsident wies die Aussage der Finanzministerin zurück. «Jetzt zu sagen, es gab keine validen Anhaltspunkte, das kann ich so auch vor diesem Hintergrund nicht teilen», sagte Behnke. Zahlen hätten nicht gestimmt, die Grundlagen hätten auf Behauptungen beruht.

Rechnungshof spricht von «angewandter Schizophrenie»

Behnke bezeichnete das Unternehmenskonzept der SYT als «Märchen aus Tausendundeiner Nacht». Er nannte es «so was wie angewandte Schizophrenie», dass die Regierung den Businessplan mit Verweis auf Vorgaben der EU-Kommission nicht zur Grundlage für die Bieterauswahl nahm. «Verantwortung kann nicht an Berater delegiert werden.»

Das Innenministerium verteidigte sein Vorgehen. «Ausdrücklich klarstellen möchte ich, dass das damalige Beratungsunternehmen zu keiner Zeit einen von uns begrenzten oder eingrenzenden Prüfauftrag erhalten hat und wir auch nicht eine Empfehlung zu weiteren Prüfungen abgelehnt haben», sagte Minister Roger Lewentz (SPD). «Für uns war SYT (…) ein seriöser Partner.»

Lewentz’ Staatssekretär Randolf Stich (SPD) sagte mit Blick auf einen mutmaßlich gefälschten Bankbeleg von SYT: «Von daher hätte man wohl, wenn man es gewusst hätte, nachdenklich werden müssen.» Aber: «Wir hatten den Beleg nicht.»

CDU-Fraktionsvizechef Alexander Licht ist der Ansicht, die Regierung lasse weiter Vieles im Dunkeln. Der Eindruck bleibe, «dass es innerhalb der Landesregierung vor dem Verkauf des Hahn an die SYT erhebliche Meinungsverschiedenheiten gab», teilte er mit.

Zentrale Punkte aus dem Gutachten
des rheinland-pfälzischen Rechnungshofs

Laut Rechnungshof wurde die Bonität des Käufers nicht ausreichend geprüft. Genannt werden für 2015 liquide Mittel der SYT von 2100 Euro und Jahresfehlbeträge von 3800 Euro. Die Vorlage einer Bankgarantie von über 200 Milliarden Dollar hätte demnach Anlass zur Prüfung auf Echtheit bieten müssen, «da weltweit keine Einzelperson bekannt ist, die ein derart hohes Vermögen besitzt».

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Auch seien die Businesspläne laut Gutachten schon bei flüchtiger Prüfung weder realistisch noch nachvollziehbar. Das Finanzministerium habe wiederholt auf Ungereimtheiten hingewiesen. Dennoch habe sich das Innenministerium kein fundiertes eigenes Urteil gebildet.

Das Stammkapital war für ein Unternehmen, das grenzüberschreitend einen Flughafen kaufen und betreiben wollte, laut Jahresabschluss 2015 mit 14.000 Euro äußerst gering. In einem SYT-Kurzkonzept war dagegen von umgerechnet rund sieben Milliarden Euro die Rede.
Immer wieder wechselten zudem die Verantwortlichen. «Unklar blieb bis zuletzt, wer Gesellschafter und wer wirtschaftlicher Eigentümer von SYT war», heißt es in dem Gutachten.

Der Verkauf des Airport Hahn an Yu Tao Chou und die Shanghai Yiqian Trading Company (SYT) scheiterte. Foto: © dpa, Thomas Frey

Der zweite Verkaufsanlauf läuft noch. Rheinland-Pfalz hat seinen Anteil inzwischen an ein Unternehmen veräußert, das zum chinesischen Luftfahrtkonzern HNA gehört. Hessen hatte den Verkauf seines Anteils an eine Tochterfirma der pfälzischen ADC GmbH wegen eines Gesellschafterwechsels zunächst verschoben.

Flughafen von Deutschland