Das Geschäft mit Luftfracht am Flughafen Hahn glänzt. Doch das könne sich schnell ändern, warnt eine Expertin. Der Airport weiß das und setzt auf ein Passagierplus für 2018.

Passagiere am Airport Hahn: Weniger Fluggäste in diesem Jahr. Foto: © dpa, Thomas Frey

US-Fliegerhorst, staatlicher Krisen-Flughafen, geplatzte Privatisierung und Verkauf an Chinesen: Der Airport Hahn hat viel hinter sich — und muss sich nun im rauen globalen Wettbewerb behaupten. Was erwartet den Hunsrück-Flughafen 2018?

Christoph Goetzmann, Mitglied der Geschäftsführung, setzt auf den anhaltenden Frachtboom: «2017 werden es 120.000 Tonnen sein und 2018 deutlich mehr als 130.000 Tonnen.» Das zuletzt rückläufige Passagieraufkommen könnte 2017 um die 2,4 Millionen Fluggäste erreichen (etwa minus acht Prozent zu 2016) — und 2018 zwischen 2,2 und 2,6 Millionen, je nach Verhandlungsglück mit den Airlines.

Bis zu 70 Millionen Euro Investitionsstau

Das Terminal ist einst billig als Frachthalle gebaut worden. Goetzmann beziffert den Investitionsstau am Flughafen mit 50 bis 70 Millionen Euro. 2018 seien hier neue Entscheidungen möglich. Je nach dem Ergebnis von Gutachten könne es zu einer Grundsanierung kommen — oder auch zu einem Neubau, sagt der Manager.

Der Hahn gehört inzwischen dem großen chinesischen Mischkonzern HNA — dieser hat im Sommer 2017 vom Land Rheinland-Pfalz 82,5 Prozent der Anteile erworben. Die übrigen 17,5 Prozent hält weiterhin Hessen. Bis 2024 darf der Flughafen noch hohe staatliche Beihilfen kassieren. Als staatlicher Airport hat er jeden Monat durchschnittlich mehr als eine Million Euro Verlust verbucht.

Expertin: Frachtgeschäft kann sich schnell eintrüben

Die Frankfurter Luftfahrtspezialistin Yvonne Ziegler verweist auf generell hohe Steigerungen im Luftfrachtgeschäft. Flughäfen wie Amsterdam und Frankfurt hätten Probleme, den Ansturm zu bewältigen. Viele Fracht-Airlines müssten sich nach Alternativen umschauen. «Es ist möglich, dass auch der Flughafen Hahn davon profitieren könnte», sagt die Wirtschaftswissenschaftlerin. Allerdings sei das Luftfrachtgeschäft sehr konjunkturabhängig. Es könne sich auch schnell wieder eintrüben.

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Regelmäßige Asien-Flüge ab 2019 möglich

HNA hat für die Zukunft drei wöchentliche Passagierflüge vom Hunsrück nach China angekündigt. Flugrechtlich ist das nicht leicht. Goetzmann sagt, 2018 könnte es vereinzelte Passagierflüge nach Asien geben. Regelmäßige derartige Verbindungen erwarte er erst 2019.

Ziegler verweist auf den boomenden chinesischen Tourismus in Deutschland: «Ich könnte mir vorstellen, dass daher auch deutsche Airlines Interesse an zusätzlichen Flugrechten haben und daher die zusätzlichen Flugrechte genehmigt werden.»

Von Deutschland in die Welt

Angaben in Prozent

Afrika
5.9

Asien
9.9

innereuropäisch
78.2

Nordamerika
5.5

Südamerika
0.5

Die Grafik zeigt die Verteilung von angebotenen Sitzplatzkapazitäten auf Flügen ab deutschen Airports zu den verschiedenen Kontinenten im laufenden Winterflugplan. Angaben gerundet. In die Antarktis und nach Ozeanien gibt es von Deutschland aus keine Verbindungen.Quelle: ch-aviation, Stand: 28. Dezember 2017

Hauptkunde im Passagiergeschäft im Hunsrück ist traditionell der irische Billigflieger Ryanair. Mit der Behandlung seiner Piloten ist er in der Kritik. Kurz vor Weihnachten hat der Hahn daher den ersten Warnstreik seiner Geschichte erlebt.

Ryanair hebt inzwischen auch von Luxemburg, Köln/Bonn und Frankfurt ab. Die Luftfahrtexpertin Ziegler sagt: «Ryanair verfolgt prinzipiell einen Wachstumskurs, scheint aber das Wachstum aus anderen Flughäfen zu generieren. Das bedeutet dann leider auch keine Steigerung der Passagiere ab Hahn.»

Flüge ab dem Hahn im Winter 2017/18

Passagierflüge
Cargo-Flüge

Angebotene Verbindungen
1348
242

Die Grafik zeigt die Zahl der ab dem Flughafen Hahn angebotenen Verbindungen im laufenden Winterflugplan bis Ende März 2018 unterschieden nach Passagier- und Cargoflügen. Passagierflüge sind jene von Ryanair und Wizz Air; Cargoflüge führen Air Bridge Cargo, Etihad, Nippon Cargo, Silk Way West und Suparna Airlines durch. Quelle: ch-aviation, Stand: 28. Dezember 2017

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Mit der Pleite der Air Berlin könnten viele Slots an deutschen Flughäfen frei werden, auch wenn Lufthansa und Easyjet welche übernähmen. «Hier wird es daher für Ryanair und andere Low-Cost-Airlines mehr Möglichkeiten geben, an anderen Flughäfen zu expandieren und gegebenenfalls vom Hahn abzuwandern», erläutert Ziegler.

Vorwürfe gegen HNA

Die rund 300 Beschäftigten des Hunsrück-Airports haben viel mitgemacht. 2016 scheitert der Verkauf an die dubiose chinesische Firma SYT — die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt immer noch wegen mutmaßlicher Urkundenfälschung. Nach dem Verkauf an HNA für 15,1 Millionen Euro führen kürzlich neue Tarifverhandlungen rasch zu einem Ergebnis.

Der Hunsrück-Airport ist der erste europäische Flughafen des chinesischen Deutsche-Bank-Großaktionärs HNA. Dieser sieht sich in den Medien mit Vorwürfen von Intransparenz, zu raschem Wachstum und zu großer Nähe zu Chinas Regierung konfrontiert. Die Finanzaufsicht Bafin und die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank haben HNA ins Visier genommen.

Das war bei uns noch in keinem einzigen Gespräch mit Airlines und Lieferanten ein Thema.

Christoph Goetzmann, Manager des Flughafens Hahn

Die Vorwürfe seien unberechtigt. «Das ist in erster Linie ein Thema der Presse.» HNA sei seriös. Der Konzern habe zwar Schulden, stehe aber für Verlässlichkeit, Kontinuität und Wachstum.

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